Interview mit Franco

In welcher Phase Deines Lebens hast du mit ehrenamtlicher Tätigkeit begonnen?
Spät, aber nicht zu spät. Als ich 2007 bei Tel 143 in Zürich anklopfte, interessierte mich einfach die Möglichkeit, Menschen am Telefon zu unterstützen. Spannend fand ich aber auch die in Aussicht gestellte Ausbildung. Ich war selber in einer beruflichen Krise. Ich wollte Neues ausprobieren ohne gleichzeitig meinen damaligen Job aufzugeben. 

Gab es oder gibt es verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten im Verlauf deines Lebens?
Eigentlich ja, auch wenn mir das erst jetzt bewusst wird. So war ich längere Zeit im Vorstand eines Journalistenverbandes, auch hier aus reinem Interesse an der Sache. Und ähnlich hatte ich mich bereits in meiner Studienzeit in Fachgruppen und in einem Studentenverband engagiert oder zuvor eine Schülerzeitung gemacht. Und ich kann sagen, beim freiwilligen Engagement war ich nicht selten näher bei meinen Bedürfnissen als bei den bezahlten Jobs.

Was motiviert Dich, unentgeltlich für Die Dargebotene Hand tätig zu sein?
Meist ist es die Dankbarkeit, die ich von den Anrufenden erfahre; indem ich ihnen einfach nur zuhöre - offen, ohne Vorurteile; indem ich so reagiere, dass sie sich verstanden fühlen; indem ich sie auf noch vorhandene, eigene Ressourcen verweise oder ihnen gar einen Impuls zur Problemlösung geben kann. Bis jetzt ist die Rechnung stets aufgegangen. Die Hilfesuchenden geben mir mehr zurück, als ich in die - zugegebenermassen anspruchsvolle - Arbeit hineinstecke.

Was sind die Unterschiede für dich zur bezahlten (Berufs-) Arbeit?
Ich denke, es hat damit zu tun, was ich oben bereits angetönt habe. Ich mache Freiwilligenarbeit nicht, um einfach etwas Gutes zu tun, sondern,

weil ich genau das möchte und spannend finde. Wenn es darum geht, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, muss man dagegen oft grössere Kompromisse machen und vielleicht Dinge anpacken, die einem nicht nur Freude bereiten - dafür kann man sich dann auch auf sein Salär verlassen.

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen ehrenamtlicher und bezahlter (Berufs-) Arbeit?
Und wie! Viele freiwillige Tätigkeiten erfordern, wie die bezahlte Berufsarbeit, eine fundierte Ausbildung und nicht selten auch spezialisiertes Wissen. Entweder man bringt das bereits mit, was bei vielen ehrenamtlichen Jobs in Vereinen und Vereinigungen der Fall ist oder man macht eine Zusatzausbildung, wie bei Tel 143. Aber auch Dinge wie Verlässlichkeit, Belastbarkeit oder soziale Kompetenz sind in beiden Bereichen gleichermassen gefragt.

Welches sind die positiven Erfahrungen der ehrenamtlichen Tätigkeit?
Neben dem, was ich durch mein Engagement von den Hilfesuchenden zurückbekomme, ist es vor allem auch der menschliche Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen, die sich ebenfalls freiwillig engagieren. Die guten Bekanntschaften, die ich der Dargebotenen Hand verdanke, bereichern mein Leben.

Hat dein Umfeld Kenntnis von deiner Tätigkeit?
Ja, sicher. Ich bin ja als einer der über 600 freiwilligen Telefonberater auch ein Botschafter unserer Organisation. Wie sollen Leute sich für unsere Arbeit begeistern können, wenn wir mit ihnen nicht darüber sprechen. Von einer übertriebenen Geheimhaltung, wie sie bei der Darge-botenen Hand lange Zeit gelebt wurde, halte ich wenig. Keinen Kompromiss mache ich dagegen beim Thema Schweigepflicht und Anonymität, wenn es um die Gesprächsinhalte geht. Die Anonymität ist ja neben dem Herz unser wichtigstes Markenzeichen.